Gaming-Mode für junge Spieler: Wenn virtuelle Welten die Kleiderschränke erobern

Gaming-Mode für junge Spieler: Wenn virtuelle Welten die Kleiderschränke erobern

Wenn ich an meine Anfänge in den 90ern zurückdenke, war die Spielfigur einfach nur das – eine Figur. Ein paar Pixel, die mich durch Level begleiteten. Heute ist der Avatar für junge Spieler so viel mehr: eine digitale Leinwand, ein Statussymbol und ein zentraler Ausdruck der eigenen Identität. Auf Plattformen wie Roblox, die täglich über 70 Millionen Nutzer anziehen, verschwimmen die Grenzen zwischen dem, was im Spiel und was im echten Leben getragen wird, zusehends. Virtuelle Mode ist kein Nischenphänomen mehr, sondern eine milliardenschwere Industrie, die die Kleiderschränke einer ganzen Generation erobert – und das oft, ohne ein einziges physisches Kleidungsstück zu produzieren.

Der Avatar als Spiegel der digitalen Seele

Für viele junge Menschen sind Plattformen wie Roblox oder Fortnite nicht nur Orte zum Spielen, sondern zentrale soziale Treffpunkte. Der eigene Avatar ist dabei die Visitenkarte, ein sorgfältig kuratiertes Abbild der eigenen Persönlichkeit. Eine Umfrage unter Gen-Z-Nutzern von Roblox offenbarte eine erstaunliche Prioritätenverschiebung: 56 Prozent der Befragten gaben an, dass es ihnen wichtiger sei, ihren Avatar zu stylen als sich selbst in der realen Welt. Jeder Sechste wechselt das Outfit seiner digitalen Figur sogar täglich. Hier geht es längst nicht mehr nur um Ästhetik, sondern um Selbstdarstellung und Zugehörigkeit. Ein seltener Skin in Fortnite oder ein exklusives Accessoire in Roblox signalisiert Status, Erfahrung und Geschmack. Wer mit dem Standard-Outfit, dem sogenannten „Default“-Skin, unterwegs ist, wird in der Community oft belächelt – ein Phänomen, das erschreckende Parallelen zum sozialen Druck auf dem Schulhof aufweist, wie Experten für Mediennutzung bestätigen.

Personalisierte Avatare in einem Videospiel, die verschiedene modische Outfits tragen.
Personalisierte Avatare sind für junge Spieler ein zentraler Ausdruck ihrer digitalen Identität und ihres Stils.

Die Ökonomie hinter dem virtuellen Stil

Was für Spieler ein Ausdruck ihrer Kreativität ist, ist für die Entwickler ein unglaublich lukratives Geschäftsmodell. Spiele wie Fortnite sind als „Free-to-play“-Titel kostenlos zugänglich, doch ihr wirtschaftlicher Erfolg basiert fast ausschließlich auf In-Game-Käufen. Epic Games, der Entwickler von Fortnite, erwirtschaftete allein 2021 einen Umsatz von 5,8 Milliarden Dollar – hauptsächlich durch den Verkauf kosmetischer Items. Spieler erwerben mit echtem Geld virtuelle Währungen wie „V-Bucks“ in Fortnite oder „Robux“ in Roblox, um damit Outfits, Tänze oder Accessoires zu kaufen. Ein einziges Outfit kann dabei schnell 20 Euro oder mehr kosten. Diese Systeme sind oft bewusst so gestaltet, dass die Wahrnehmung für echte Ausgaben verschwimmt. Sogenannte „Dark Patterns“ (manipulative Designs, die Nutzer gezielt zu Käufen verleiten sollen) und ständige Kaufanreize verleiten besonders junge Spieler dazu, immer wieder Geld auszugeben. Wie Jugendschützer warnen, können diese Mechanismen schnell zur Kostenfalle werden. Auf der anderen Seite hat sich auf Plattformen wie Roblox eine regelrechte Creator-Economy entwickelt, in der junge Designer wie Samuel Jordan mit dem Entwerfen und Verkaufen virtueller Modeartikel zu Millionären werden. Seine digitalen Diamantohrringe verkauften sich laut einem Bericht über die Roblox-Wirtschaft über 2,7 Millionen Mal und machten ihn zu einem Star der Szene.

Wenn virtuelle Trends die reale Welt erobern

Die Faszination für Gaming-Mode bleibt nicht auf den Bildschirm beschränkt. Die Grenzen zwischen digitaler und physischer Welt werden immer durchlässiger. Ein perfektes Beispiel ist der Hype um die Netflix-Serie „Squid Game“. Die ikonischen grünen Trainingsanzüge und roten Overalls wurden über Nacht zu einem globalen Modetrend, angetrieben durch Memes und Videos auf TikTok und Instagram. Plötzlich war ein Kostüm aus einer Serie Teil der Alltagskultur, was zeigt, wie stark popkulturelle Phänomene die Jugendkultur prägen.

Eine Person, die einen grünen Trainingsanzug trägt, der dem aus der Serie 'Squid Game' ähnelt.
Ein Trend erobert die reale Welt: Die ikonischen Anzüge aus der Serie ‚Squid Game‘ wurden zum globalen Modephänomen.

Große Luxusmarken haben diesen Trend längst erkannt und drängen mit Macht ins Metaverse. Gucci, Ralph Lauren, Nike und Burberry erstellen eigene virtuelle Kollektionen und eröffnen digitale Stores in Roblox. Sie investieren in eine Zielgruppe, die heute vielleicht nur digitale Handtaschen kauft, morgen aber zu ihren realen Kunden gehören wird. Der psychologische Mechanismus dahinter ist universell: Der Wunsch, sich durch besondere Kleidung von der Masse abzuheben und einen gewissen Status zu signalisieren, ist tief in uns verankert. Ob es sich dabei um ein seltenes digitales Schwert in einem Spiel oder um exklusive Kleidung handelt, wie man sie im Angebot von Kids Brand Store für junge Leute findet, das Bedürfnis nach Anerkennung und Individualität ist dasselbe. Die virtuelle Welt wird so zu einem Übungsfeld für Konsum- und Stilentscheidungen, die sich später in der physischen Welt widerspiegeln.

Digitale Darstellung eines Metaverse-Shops einer Luxusmodemarke.
Große Modemarken haben das Potenzial von virtueller Mode längst erkannt und präsentieren ihre Kollektionen im Metaverse.

Die neue Realität der Garderobe ist hybrid

Wir stehen am Anfang einer Entwicklung, die unser Verständnis von Mode und Identität nachhaltig verändern wird. Die Garderobe der Zukunft ist nicht mehr nur im Schrank zu finden, sondern auch auf einer Festplatte. Roblox‘ Vision von fotorealistischen, KI-generierten Avataren, die exakte 3D-Modelle ihrer menschlichen Vorbilder sind, deutet an, wohin die Reise geht. Die Unterscheidung zwischen einem „echten“ und einem „virtuellen“ Outfit wird zunehmend bedeutungslos, wenn beide Welten nahtlos ineinander übergehen. Für junge Menschen ist diese hybride Realität bereits heute Alltag. Sie kuratieren ihre digitale Identität mit derselben Sorgfalt wie ihre physische Erscheinung. Was wir als Eltern und langjährige Gamer daraus lernen können, ist, dass es hier nicht um eine flüchtige Modeerscheinung geht. Es ist ein fundamentaler Wandel, wie Persönlichkeit ausgedrückt, Gemeinschaft geformt und Kultur gelebt wird – ein Pixel und ein Faden zur gleichen Zeit.

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